Beantragen Sie eine Erwerbsunfhigkeitsrente!

Meinem Eindruck nach kommt es nach lngerer Krankheit und Arbeitsunfhigkeit von Leistungsbeziehern nach dem SGB XII fast schon reflexhaft vom JobCenter zum Aufforderungsschreiben, eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen.

Leider geht da von Seiten der Behrde einiges durcheinander, da Arbeitsunfhigkeit und Erwerbsunfhig vollkommen andere Voraussetzungen haben. Auch wurden schon Leistungsbezieher aufgefordert, die gar keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben, weil diese ga nicht in die Rentenversicherung eingezahlt haben.

Um dies zu klren, sieht das Gesetz in 44a SGB II ein besonderes Verfahren vor, welches aber in der Praxis kaum angewandt wird.

M.a.W.: diese Aufforderungsschreiben sind in der Regel rechtswidrig. Gleichfalls rechtswidrig ist der unterschwellige Druck der vermittelt wird, dass eventuell Leistungen nicht weitergezahlt werden.

Das SG Berlin hat in seinem Beschluss vom 25.10.208 – S 121 AS 10417/18 ER- nun nochmals betont, dass das Verfahren nach 44a SGB II einzuhalten ist:

Eingangs ist der Verweis auf Leistungen nach dem SGB XII nicht zutreffend:

 

Dies ergibt sich in Bezug auf die Aufforderung zur Stellung eines Antrages auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII bereits daraus, dass es sich bei diesen nicht um eine den SGB II Leistungen vorrangige Leistung handelt.

Sodann fehlt eben das Verfahren:

Zudem wre der Antragsgegner wie oben dargelegt aufgrund der gutachterlichen Stellung- nahme nach 44a SGB II verpflichtet gewesen, diese Einschtzung zum Leistungsvermgen den anderen Sozialleistungstrgern zur Kenntnis zu geben, um sodann gemeinsam eine fr alle verbindliche Entscheidung zur Erwerbsfhigkeit herbeizufhren und im Rahmen dessen auch zu klren, wer zur Leistungserbringung an den Antragsteller zustndig ist.

Schließendlich schließt sich das SG Berlin hier der Auffassung an, dass der Widerspruch nicht versptet war:

Vorliegend gilt die in 66 Abs. 1 SGG geregelte Jahresfrist, weil die von dem Antragsgegner in dem Aufforderungsbescheid vom 14. Mai 2018 verwendete Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig ist.(…)

Nicht relevant fr die Frage, ob die Rechtsbehelfsbelehrung inhaltlich fehlerhaft ist, so dass die Jahresfrist anzuwenden ist, ist entgegen der Ansicht des Antragsgegners, ob der Antrag- steller berhaupt diese Kommunikationsform gewhlt hat oder htte. Maßgeblich ist allein die objektive Unrichtigkeit.

 

 

Beschluss des Sozialgerichtes Berlin vom 25.10.2018 – S 121 AS 10417/18 ER

 

 

 

 

Keine Versagung der Leistungen bei Nicht-Stellen des Rentenantrages

Meine Mandantin hatte die Aufforderung erhalten, den Nachweis fr die Beantragung einer vorgezogenen Altersrente zu erhalten (irgendwie muss ja die Arbeitslosenzahl sinken).

Sie tat dies nicht und stellte stattdessen einen Weiterbewillgungsantrag.

Das JobCenter hat darauf mit einem Versagungsbescheid reagiert.

Widerspruch und Antrag auf einstweilige Anordnung wurde gestellt. Whrend die Ausgangsinstanz die Versagung noch o.k. fand, sah das LSG Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 03.11.2016 L 32 AS 2416/16 dies nicht in Ordnung.

Das LSG betonte, daß nur der tatschliche Bezug einer Altersrente zu einem Leistungsausschluss fhrt und man den jeweiligen Antragsteller nur auf tatschlich vorhandene Mittel verweisen kann.

Entscheidend ist nach allem, ob Einkommen in Geld oder Geldeswert im jeweils zu beurteilenden Leistungszeitraum in einer Hhe konkret zur Verfgung steht,das den Gesamtbedarf der Antragstellerin vollstndig deckt. Dies ist hier nicht der Fall.

 

Mangelnde Mitwirkung liegt auch nicht vor.

Mit 5 Abs. 3 SGB II soll „das Realisieren von  Ansprchen gegen andere Trger und der Nachrang der Leistungen der Grundsicherung fr Arbeitssuchende sichergestellt werden. Allerdings ist der Nachranggrundsatz keine eigenstndige Ausschlussnorm. Ihm kommt regelmßig nur im Zusammenhang mit bzw. konkretisierenden sonstigen Vorschriften Bedeutung zu.

Nach alldem sind daher der Antragstellerin weiter Leistungen zu zahlen.

Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 03.11.2016- L 32 AS 2416/16 B ER  

Keine Verpflichtung zur Beantragung einer vorgezogenen Altersrente bei Ausbung eines Bundesfreiwilligendienstes

Eine vorgezogene Altersrente muss dann nicht beantragt werden, wenn ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhltnis besteht oder der Anspruch auf Arbeitslosengeld I erlschen wrde.

Der Bundesfreiwilligendienst ist zwar eine sozialversicherungspflichtige Ttigkeit (obwohl weniger als 450 € gezahlt werden) und man erwirbt auch Ansprche auf ALG I; es ist jedoch zugegebener Maßen kein „echtes“ Arbeitsverhltnis.

Fraglich mag nun sein, ob man whrend eines Bundesfreiwilligendienstes vom JobCenter in die „Zwangsrente“ geschickt werden kann.

Whrend das SG Berlin noch vertrat, daß es eben kein echtes Arbeitsverhltnis ist, stellte das LSG auf die sozialversicherungsrechtlichen Aspekte ab. Hiernach wrde die Inanspruchnahme der Rente zu einem Verlust auf ALG I fhren und daher eine „unbillige“ Hrte darstellen.

Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 06.10.2016 L 14 AS 2033/16 B ER

 

Keine Zwangsverrentung beim Bundesfreiwilligendienst

Nachdem das Bundessozialgericht entschieden hat, daß zumindest die Grnde aus der Unbilligkeitsverordnung einer Zwangsverrentung von ALG II-Empfngern entgegensteht, drfte sich die Frage stellen, welche Tatbestnde aus der Unbilligskeitsverordnung die Zwangsrente ausschließen.

Eine mgliche Ttigkeit drfte der Bundesfreiwilligendienst sein.

Zwar erhlt der (oder die) Freiwillige nur ein kleines Taschengeld. Die Ttigkeit im Bundesfreiwilligendienst ist jedoch vollstndig sozialversicherungspflichtig.

Meine im Bundesfreiwlligendienst ttige Mandantin wurde die bekannte Aufforderung zur Beantragung einer vorgezogenen Altersrente zugesandt. Abermals wurde Widerspruch eingelegt und Antrag an das Sozialgericht mit eben dieser Begrndung gestellt.

In einem hierauf folgenden richterlichen Hinweis schloß sich das Gericht der hiesigen Rechtsauffassung an.

Die Antragstellerin ist im Bundesfreiwilligendienst . Dieser gilt (…) als

sozialversicherungspflichtige Beschftigung , wenn ein Taschengeld gezahlt wird.

Das ist vorliegend der Fall .

Daher drfte ein Fall des 4 UnbiiligkeitsV gegeben sein . Auf die Hhe des Einkommens kommt es im Falle eine sozialversicherungspflichtigen Beschftigung nicht an . Diese ist nur bei sonstiger Erwerbsttgkeit zu beachten.

Der richterlicher Hinweis erreichte mich gegen 12 h. (richterlicher Hinweis in dem Verfahren S 135 AS 24938/15 ER)

Gegen 15 h erreichte mich dann ein Faxschreiben des JobCenter:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

den Bescheid vom 02 .Dezember 2015 hebe ich auf. Ihrem Widerspruch konnte demnach in vollem Umfang entsprochen werden.

Unbersichtliche Rechtslage ? Keine Schnellschsse des JobCenters!

Eine -auch fr die Sozialgerichtsbarkeit – lange Verfahrensdauer weist vorliegendes Beschwerdeverfahren zur Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrages (auch „Zwangsrente“ genannt) auf: Der angefochtene Bescheid stammt aus Mai 2014, der angefochtene Beschluss des Sozialgerichtes erste Instanz aus Juni 2014. Die Entscheidung als solche kam dann im Juli 2015 (Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 01.07.2015- L 9 AS 1583/14 ER)

Die Sozialgerichtsbarkeit ist chronisch berlastet, fr ein Beschwerdeverfahren ist diese Verfahrensdauer aber durchaus ungewhnlich lange.

Zum Sachverhalt: Der Antragsteller sollte eine Rente beantragen,was dieser jedoch nicht wollte; es bestand eine Eingliederungsvereinbarung und niemand hatte die Rentenhhe ermittelt.

Das Sozialgericht hatte den Antrag abgelehnt, weil es keine“Eilbedrftigkeit“ sah. Dies ist problematisch: Rechtsmittel gegen die Stellung des Rentenantrages haben keine aufschiebende Wirkung. Daher kann das JobCenter den Antrag auch selbst stellen. Wie oben gesehen, dauern Rechtsstreitigkeiten in der Sozialgerichtsbarkeit hufig recht lange, so daß bei einem Rechtsstreit, der mit 63 begonnen wird, eine Entscheidung vor dem 65. Lebensjahr kaum zu erwarten ist. Einen Rentenantrag dann noch rckgngig zu machen, ist zwar mglich, aber ggf. auch problematisch ; wenn dann noch

Das LSG weist jedoch zu Recht- und meines Erachtens einzig richtig-, darauf hin, daß sich der Rechtsschutz nach 86a Abs. 1 SGG richtet und eine Interessenabwgung durchzufhren ist. Kurzum: Niemand muß einem rechtswidrigen Bescheid Folge leisten.

 

Im weiteren geht das LSG davon aus, daß die Aufforderung eine Rente zu stellen, eine -echte- Ermessensentscheidung ist und die Regelungen der Unbilligkeitsverordnung nicht abschließt sind. Damit steht die Rechtsprechung im Gegensatz zur Rechtsprechung des 10. Senates des LSG Berlin-Brandenburg, der mehr oder weniger von einer generellen Verpflichtung zur Rentenantragstellung ausgeht.

Weiterhin fhrt der Senat aus:

Ebenso wenig hat er die Hhe der dem Antragsteller bei regulrer und bei vorzeitiger Inanspruchnahme zustehenden Altersrente ermittelt. Eine Entscheidung, ob durch die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente im Falle des Antragstellers eine Unbilligkeit gegeben wre oder er zur Inanspruchnahme von ergnzenden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch/Zwlftes Buch (SGB XII) gezwungen wre (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Mai 2014, L 7 AS 545/14 B ER, juris), fehlt in den angegriffenen Verwaltungsent- scheidungen deshalb ebenfalls.

Auch an dieser Stelle weicht der 9. Senat von der Rechtsprechung des 10. Senates ab.

Damit fasst der 9. Senat im vorliegenden Beschluss die beide Standpunkte zu den materiell-rechtlichen Einwnden zusammen und stellt nochmals die fragmentierte Rechtslage bei Zwangsrentenbescheiden dar.

Deutlich interessanter und insofern auch neu sind die Ausfhrungen zu Rechtsschutz. Wie bemerkt, sind die „Zwangsrenten“-Bescheide sofort vollziehbar und eine Verfahren kann lange, lange dauern.

Das LSG fhrt insofern aus:

Unabhngig davon ist die grundstzliche und auch vorliegendende Rechtsfrage nach dem Abwgungsmaterial der hier zu treffenden Ermessensentscheidung obergerichtlich umstritten und hchstrichterlich ungeklrt. In dieser Situation kann die Interessenabwgung nach 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 nicht anders ausfallen als wenn nach den Kriterien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nach 32 BVerfGG ohne Bercksichtigung des mutmaßlichen Ausgangs des Hauptsacheverfahrens zu treffen wre. Sie muss zu Gunsten Antragstellers ausfallen, weil ihm bei einer Ablehnung seines Antrages und einem vorzeitigen Rentenbezug auf Antrag rundsicherungstrger eine Verletzung Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 droht. Denn nach (bestandskrftiger) Bewilligung einer Rente knnte das mit Klage verfolgte der in 12 SGB II normierten Verpflichtung zur Rentenantragsteilung nicht nachkommen zu mssen, wegen des in 7 Abs. 4 II bestimmten Leistungsausschluss Bezug einer Rente wegen Alters nicht mehr oder nur noch unter erheblichen Schwierigkeiten erreicht werden. Die Frage, ob vorangegangene Aufforderung rechtswidrig war, wre dann nicht mehr von Belang (BSG, Beschluss vom 12. Juni 2013, B 14 AS 5/12 B, juris), der Rechtsstreit grundstzlich in der Hauptsache erledigt. Schon um eine solche mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbarende Rechtsfolge zu vermeiden, ist es geboten, die aufschiebende Wirkung Klage anzuordnen.

M.a.W.: solange die Rechtslage so unbersichtlich ist, sind zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes die Vollzugsfolgen der Bescheide auszusetzen.

Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 01.07.2015- L 9 AS 1583/14 ER

 

Abermals: Der gescheiterte Zwangsrentenantrag- Beschluss des SG Frankfurt/Oder vom 07.04.2015 – S 25 AS 2705/14 ER

…und schon wieder wurde ein JobCenter zur Rcknahme eines Rentenantrages verpflichtet.

Nachdem der – in der Sprache des Gesetzgebers- der „Hilfebedrftige“ zur Stellung eines Rentenantrages bei der Rentenversicherung aufgefordert wurde, wurde Widerspruch eingelegt. Da der Widerspruch jedoch keine „aufschiebende Wirkung“ hat, stellte in vorliegendem Fall das JobCenter den Rentenantrag selbst.

Insofern wurde gleichzeitig bei Gericht ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

Dieser hatte – wie im brigen erstaunlich oft- Erfolg.

Der Beschluss des SG Frankfurt/Oder vom 07.04.2015 – S 25 AS 2705/14 ER bringt einerseits wenig neues: Der Aufforderungsbescheid in Zwangsrente zu gehen ist tatschlich ein Verwaltungsakt (im ersten Schriftsatz hatte das JobCenter B. dies noch anders gesehen- wie es zu dieser Rechtsauffassung kam, erschließt sich mir bis heute nicht). Das SG Frankfurt/Oder fhrt sodann aus, daß der Aufforderungsbescheid ermessensfehlerhaft war und (dies ist interessant), der Antrag zurckzunehmen ist.

1.Die Behrde ist verpflichtet, neben den Vorschriften der Unbilligkeitsverordnung auch zu prfen, welche wirtschaftlichen Auswirkungen der Rentenbezug hat.

 

2. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gebietet es, dem Antragsgegner (=JobCenter) aufzugeben, den Antrag zurckzunehmen.

 

Das JobCenter kann nmlich jederzeit einen neuen Aufforderungsantrag stellen und damit die gewnschten Rechtswirkungen herbeifhren. Fr den Hilfebedrftigen, der mit der Zwangsrente konfrontiert worden ist, hat dies die Auswirkung, daß der Abschlag so oder so niedriger ausfllt, da der Antrag logischerweise dann nur spter (= weniger Abschlge) gestellt werden kann.

In der Rechtspraxis ist zu beobachten, daß die JobCenter hiervon teilweise extensiven Gebrauch machen; einige Mandanten erhalten nach dem gewonnen Erstverfahren wenig spter wieder einen Aufforderungsbescheid, bei einem Mandanten sogar noch whrend das erste Verfahren gegen den gegen Zwangsrentenbescheid noch lief. Ein Mandant erhielt bis dato drei Bescheide, von denen jedoch keiner je bestandskrftig wurde…..

Das ist natrlich „schade“ fr die JobCenter, da so die gewnschte Senkung der ALG II-Empfnger nicht wie erhofft auf diesem Wege erreicht wird.

Beschluss des SG Frankfurt/Oder vom 07.04.2015 – S 25 AS 2705/14 ER

Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 05.01.2015 und Beschluss des SG Berlin vom 12.01.2015

In Fortfhrung der bisherigen Rechtsprechung hat das Sozialgericht Berlin abermals zwei „Aufforderungen zur Beantragung einer vorgezogenen Altersrente“ („Zwangsrente“) kassiert:

 

1. Mit Gerichtsbescheid vom 05.01.2015 (S 138 AS 10299/14) hob das Gericht einen entsprechenden Bescheid auf, weil die Ermessensausbung in dem Aufforderungsbescheid vollkommen fehlte.

Das Gericht stellt auch fest, daß diese Ermessenentscheidung nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden kann.

Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 05.01.2014 S 138 AS 10299/14

 

2. Mit Beschluss vom 12.01.2014 hat sich das Sozialgericht abermals mit widersprchlichen Entscheidungen des JobCenters beim Thema Altersrente beschftigt.

Bei dem Vorliegen einer Eingliederungsvereinbarung ist diese innerhalb der Ermessensausbung zu bercksichtigen. Alles andere wre widersprchliches Verwaltungshandeln.
Sodann hat die Behrde ihre eigenen gesetzten Fristen einzuhalten, um dem Grundrecht auf rechtliches Gehr genge zu tun.

Beschluss des SG Berlin vom 12.01.2015 S 96 AS 25532/14 ER.

 

Vorgezogene Altersrente – Hhe egal ?

Mit Beschluss vom 18.11.2014 hat der 10.Senat des LSG Berlin-Brandenburg die Auffassung vertreten, daß die Ermittlung der Rentenhhe im Rahmen der sog. Zwangsverrentung egal sei (L 10 AS 2254/14 B ER)

Der 10. Senat des LSG fhrt aus:

“ Die finanziellen Einbußen bzgl des monatlichen Renteneinkommens sind eine Auswirkung der Durchsetzung der Grundsicherungssubsidiaritt, die regelmßig eintritt und damit als solche nicht hrtebegrndend ist.“

Mit dieser Rechtsauffassung steht der 10.Senat ziemlich alleine auf weiter Flur (dies gibt er auch zu):

„Soweit es das BSG als Schutzzweck des 12a Satz 2 SGB II bezeichnet hat, zu verhindern, dass der Leistungsberechtigte, nur weil er vor dem Eintritt in das zu dem Bezug einer Altersrente berechtigenden Alter existenzsichernde Leistungen bezieht, im Alter eine niedrigere, mit Abschlgen versehene Rente hinnehmen muss, die mglicherweise zugleich die Inanspruchnahme weiterer existenzsichernder Leistungen erforderlich macht (Urteil vom 16. Mai 2012 – B 4 AS 105/11 R, juris RdNr 32), teilt der Senat dies aus den genannten Grnden nicht.“

Nach bisherigen Rechtsprechung war es nmlich einerseits notwendig, die Rentenhhe als solches zu ermitteln ist und sich die Rechtmßigkeit u.a. auf nach der Hhe der Rente richtet. Es macht nmlich wenig Sinn, Leistungsempfnger in die Rente zu schicken, die weiterhin dann Leistungen nach dem SGB XII empfangen mssen oder ihr gesamtes Vermgen verwerten mssen, da die Freibetragsregelungen bei SGB II und SGB XII sehr unterschiedlich sind.

Dem LSG ist zu zustimmen, daß die Rente bzw. Rentenhhe als Anwartschaft als solche nicht direkt durch Art. 14 GG geschtzt ist und ein Verweis auf diese Leistungen grundstzlich mglich ist.

Zweifelhaft ist jedoch die Unterstellung, daß sich finanzielle Staus quo durch den SGB XII-Bezug nicht ndern wrde und keine Unterschiede zwischen den Personen, die durch die vorgezogene Altersrente mit Abschlgen Grundsicherungsempfnger werden, die jedoch ohne Abschlge keine Leistungen nach dem SGB XII empfangen wrden.

Das LSG orientiert sich demnach in dem Beschluss nicht an den zu erwartenbaren Renteneinkommen sondern aus seiner Sicht folgerichtig allein an den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes und weniger folgerichtig an den Vermgensverhltnissen.

Es fhrt aus:

Welche den Einzelfall kennzeichnenden Momente die Notwendigkeit einer Ermessensausbung begrnden knnen, ergibt sich aus der Betrachtung der in der UnbilligkeitsVO enthaltenen Tatbestnde, die erkennen lassen „in welche Richtung zu denken ist“ sowie – angepasst an den vorliegenden Zusammenhang – aus dem Kanon der aus 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Halbsatz 2 SGB II, 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII abgeleiteten Gesichtspunkte, aus denen eine Vermgensverwertung unzumutbar sein kann. Dabei lsst die UnbilligkeitsVO in 4, 5 erkennen, dass dem fortbestehenden Bezug zum Arbeitsmarkt (oder zu selbstndiger Erwerbsttigkeit) besondere Bedeutung zukommen soll

Zusammengefasst lßt sich demnach folgendes vorlufig festhalten:

Eine Aufforderung zur vorgezogenen Altersrente ist nach dieser Rechtsprechung dann rechtswidrig, wenn der Leistungsempfnger einen Bezug zum Arbeitsmarkt aufweist. Dies kann z.B.durch die Erfllung der Auflagen einer Eingliederungsvereinbarung geschehen oder die Aufnahme einer selbststndigen Ttigkeit.

Soweit der Senator den Grund der Hrte nach 90 SGB XII abstellt, wird dieser rebmßig kaum vorliegen knnen.

 

Ansonsten ist die Konsequenz des Beschlusses sehr bitter. Wer hoffte, im Alter seinen Lebensunterhalt alleine bestreiten zu knnen wird enttuscht: Einmal Leistungsempfnger, immer Leistungsempfnger ?

 

 

Zwangsrente III

Und abermals wurde mit dem Sozialgericht Berlin eine vorgezogene Altersrente nach den 12a SGB II, 5 SGB II verhindert (Beschluss des SG Berlin vom 04.04.2014 S 167 AS 6266_14ER) . Das Gericht fhrt aus:

„Gemß 35 Abs. 1 S. 3 SGB X muss die Begrndung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behrde bei der Ausbung des Ermessens ausgegangen ist. Ob der Antragsgegner als Leistungstrger einen Antrag stellt, steht grundstzlich in seinem Ermessen. Allerdings liegt nicht nur die Stellung des Antrages an Stelle der Antragstellerin in seinem Ermessen, sondern schon , die Aufforderung selber bedarf einer Ermessensentscheidung. Der Antragsgegner muss daher seine Grnde fr die Verpflichtung der Antragstellerin zur Rentenantragstellung bereits in seinem Aufforderungsschreiben darlegen. Bei seiner Ermessensausbung sind etwa die voraussichtliche Dauer oder Hhe des Leistungsbezugs, absehbarer Einkommenszusfluss oder dauerhafte Krankheit zu bercksichtigen. Insbesondere in Bezug auf die Stellung eines vorzeitigen Altersrentenantrag ist zu bercksichtigen, dass der Leistungsberechtigte als Altersrentner von Leistungen nach dem SGB II – und damit auch von solchen nach 16 ff. – ausgeschlossen ist. Zudem ist die ‚Vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente – regelmßig mit Abschlgen verbunden Von diesem Ermessen hat der Antragsgegner weder in dem Bescheid vom 6. Mrz 2014 noch im Widerspruchsbescheid vom 19. Mrz 2014 : Gebrauch gemacht. Keiner der Bescheide enthlt Ausfhrungen, die erkennen lassen, dass der Antragsgegner die Verpflichtung zur Ausbung des Ermessens erfllt“.

Tatschlich fand sich in diesem Bescheid rein gar keine Abwgung (=Ermessen) der unterschiedlichen Gesichtspunkte. Diese wre dann jedoch wohl zugunsten der Antragstellerin ausgegangen, da diese nach der Rentenantragstellung wohl weiterhin Grundsicherung nach dem SGB XII erhalten htten.

Zum Weiterlesen:

“Zwangsrente” mit 63- Ermessensentscheidung notwendig

Zwangsverrentung mit 63 (II)

Zwangsverrentung mit 63 (II)

Abermals wurde eine Aufforderung zur Beantragung einer Altersrente vorlufig beseitigt.

Bereits das LSG (Beschluss des LSG BRB zur vorgezogenen Altersrente ab 63 vom 27.09.2013 ) hatte entschieden, daß eine Eingliederungsvereinbarung bei der Aufforderung eine vorgezogene Altersrente zu beantragen, zu bercksichtigen ist.

So lag der Fall hier auch. Wie das SG Berlin mit Beschluss vom 18.03.2014 entschied, ist bei der Aufforderung der Beantragung einer vorgezogenen Altersrente (sog. „Zwangsverrentung“ zu bercksichtigen, daß der Leistungsempfnger hier bereits eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen hat, bei der Entscheidung zu bercksichtigen. Damit wurde vorlufig verhindert, daß das JobCenter den Antrag stellt.

Beschluss SG Berlin 61 AS 4999-14ER
Aufforderungen zur Beantragung der Altersrente beinhalten hufig solche und andere Fehler ; rechtlicher Rat sollte eingeholt werden.

(siehe auch: “Zwangsrente” mit 63- Ermessensentscheidung notwendig )