Seit dem 1. Januar 2018 ist in § 84 SGG ausdrücklich bestimmt, dass ein Widerspruch „schriftlich, in elektronischer Form nach § 36a Absatz 2 des Ersten Sozialgesetzbuch oder zur Niederschrift bei der Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat“, einzureichen ist. Gemäß § 36a Abs. 2 SGB I könne eine gesetzlich angeordnete Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden. Nach Absatz 1 sei die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger dafür einen Zugang eröffnet.
Seit dem 03.09.2018 hat nun im Anwaltsleben das „besondere elektronische Anwaltspostfach“ Einzug gehalten, welches die elektronische Kommunikation zwischen der Anwaltschaft und den Gerichten dienen soll, aber auch Verwaltungen tauchen dort auf .
So finden sind einige Berliner JobCenter mit ihren elektronischen Behördenpostfächern dort gelistet und man kann aktiv an diese versenden.
Klar ist, dass dann die Behörde natürlich darauf hinweisen muss, zumal § 84 SGG dem Wortlaut nach zwingend vorsieht, dass Widersprüche auch elektronisch versendet werden können.
Diese Ansicht hat sich nun auch das SG Berlin mit Beschluss vom 01.10.2018 angeschlossen. Es führt aus:
Eine entsprechende Änderung der Rechtslage ist nunmehr erfolgt. Denn seit dem 1. Januar 2018 ist in § 84 SGG ausdrücklich bestimmt, dass der Widerspruch „schriftlich, in elektronischer Form nach § 36a Absatz 2 des Ersten Sozialgesetzbuch oder zur Niederschrift bei der Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat“, einzureichen ist.Vor dem Hintergrund das der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich die elektronische Form alszulässige Form des Rechtsbehelfs geregelt hat, kann davon, dass die elektronische Einreichung keine wesentliche praktische Bedeutung hat, keine Rede mehr sein (so auch SG Darmstadt, Beschluss vom 23. Mai 2018 – S 19 AS 309/18 ER -, Rn. 19, juris).
Damit war klar, dass der Widerspruch auch lange nach der Monatsfrist möglich war.
Im vorliegenden Fall ging es dann um die Frage, ob eine Leistungseinstellung bei Umzug in den Zuständigkeitsbereich möglich und zulässig ist.
Das Gericht kommt – wenig überraschend- zu dem Schluss, dass es dies nicht ist:
Dies folgt aus § 2 Abs. 3 SGB X, wonach bei einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit die bisher zuständige Behörde die Leistungen noch so lange erbringen muss,bis sie von der nunmehr zuständigen Behörde fortgesetzt werden. § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X enthält eine ei genständige materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage,in dem die Vorschrift einen Leistungs anspruch des Leistungsempfängers gegenüber dem bisherigen,nunmehr unzuständig ge wordenen Leistungsträger begründet. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es,eine typischer weise bei einem Zuständigkeitswechsel eintretende Unterbrechung der Leistung an den Leis tungsempfänger zu verhindern und einen nahtlosen Übergang der Leistungsgewährung zu erreichen.
(Dies ist eigentlich ein alter Hut, wird aber immer wieder mißachtet – siehe auch den im Beschluss zitierten Beschluss des SG Berlin vom 11.09.2014: Keine Einstellung der Leistung beim Wechsel der örtlichen Zuständigkeit
(Hinweis: bei gerichtlichen Entscheidungen muss wohl nicht auf den elektronischen Weg hingewiesen werden, da im Gesetzestext stets nur von „schriftlich oder zur Niederschrift“ formuliert ist).
Insofern dürfte wohl kaum ein Bescheid der JobCenter aus diesem Jahr Bestandskraft erlangt haben…..
Beschluss des SG Berlin vom 01.10.2018- S 123 AS 9514/18 ER