Kein Nachrang der Sozialhilfe zum Wohngeld II – Volltext des Urteiles B 8 SO 2/20 R

Bei der Aufforderung, Wohngeld zu beantragen -statt Leistungen nach dem SGB XII- , stützen sich die Behörden bislang auf § 2 SGB XII. Der Hintergrund ist jedoch, dass wenn Wohngeld bezogen wird, z.B. Vergünstigungen (Zuzahlungsbefreiungen, Sozialtickets, GEZ-Befreiung) erstmal wegfallen oder aufwendig beantragt werden müssen. So trat dann der Fall ein, dass trotz höheren Zahlbetrages des Wohngeldes am Monatsende weniger in Tasche war.

Fraglich war nun, ob dies eine tragfähige gesetzliche Vorschrift ist, Grundsicherungsleistungen zu verweigern. Immerhin sieht z.B. das SGB II explizit eine Vorschrift vor, wann Wohngeld zu beantragen und wann nicht – das SGB XII nicht.

In seinem Urteil vom 23.03.2021 stellt nun das Bundessozialgericht kurz und knapp fest:

„…beantwortet der Senat die bislang offengelassene Frage jedoch dahin, dass § 2 Abs 1 SGB XII generell keine Ausschlussnorm darstellt“

Damit kann man feststellen, dass en Wahlrecht zwischen Leistungen nach dem SGB XII und dem Wohngeld besteht.

Hinweis: durch diverse Wohngeldreformen in den letzten Jahren kann es sein, dass auch beim Wegfall der Vergünstigungen beim Wohngeldbezug „mehr in der Tasche“ bleibt (wobei beim Wohngeld z.B. keine Betriebskostennachzahlungen übernommen werden). Daher muss jeweils vorab geprüft werden, wie hoch das Wohngeld tatsächlich ist.

Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 23.03.2021- B 8 SO 2/20 R