Mit Urteil vom 5. November 2019 – 1 BvL 7/16 – hat das Bundesverfassungsgericht bekanntlich (u.a.) 100 % Sanktionen für verfassungswidrig erklärt. Es hat jedoch angeordnet, dass diese Rechtsfrage nur für die Zukunft wirkt und für Bescheide, die brich nichts bestandskräftig sind.
Bestandskraft tritt dann ein, wenn gegen einen Bescheid fristgerecht kein Widerspruch und keine Klage erhoben worden ist. Wer also gegen 100 % Sanktionsbescheide keinen Widerspruch (und keine Klage) erhob, schaute also sozusagen in die „Röhre“, da eine Überprüfung nach § 44 SGB X ausgeschlossen ist.
Nun ist es aber so, dass es mit den Rechtsfolgenbelehrungen bei den Sanktionsbescheiden Probleme gab; damit hatte sich die einmonatige Frist für Rechtsmittel auf ein Jahr verlängert (zum Hintergrund hier: Verfassungswidrigkeit von Sanktionen- wie geht es weiter? Und wann tritt Bestandskraft
ein?)
Damit war es dann möglich, Bescheide, die scheinbar bestandskräftig waren (die einmonatige Widerspruchsfrist war schon lange abgelaufen) noch mit Widerspruch und Klage anzugreifen und aufheben zu lassen (die 100 % Sanktion war ja offensichtlich rechtswidrig).
Folgerichtig hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 16.08.2022 demnach eine 100 % Sanktion aufgehoben, die im Dezember 2018 ausgesprochen worden war und gegen diese erst im Oktober 2019 Widerspruch erhoben worden war:
Urteil des Sozialgerichtes Berlin, Urteil vom 16.08.2022- S 128 AS 10031/19