Keine Versagung bei fehlender Mitwirkung

Die Versagung wegen fehlender Mitwirkung ist ein scharfes Schwert und findet ihre Rechtsgrundlage in § 66 SGB I.

Hiernach kann im Falle mangelnder Mitwirkung die Leistungen versagt (oder entzogen) werden. Nun gibt es Mitwirkungshandlungen, die dringend notwenig sind, um einen Anspruch zu berechnen (Einkommen , Vermögen etc.) und es gibt Mitwirkungshandlungen, bei denen es dies nicht unbedingt notwendig ist, die Leistungen aber dennoch versagt oder entzogen werden.

Im vorliegenden Fall hatte das JobCenter den Verdacht, dass eine (psychische)Krankheit vorliegt, die zu fehlender Erwerbsfähigkeit führen würde und versagte die Leistung . Schon dies mag sehr fragwürdig sein, kranken Menschen keine Leistungen zu geben und diese sozusagen im Regen stehen zu lassen, ohne bspw. das Sozialamt einzuschalten (denn im Falle fehlender Erwerbsfähigkeit besteht ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII).

Das Sozialgericht hob dann auch den Versagungsbescheid auf, denn dieser erforderte im konkreten Fall die Ausübung von Ermessen, denn die Versagung kann erfolgen, muss aber nicht .

Es führt u.a. aus:

Der angefochtene Versagungsbescheid ist allein schon deshalb rechtswidrig, weil er entgegen der gesetzlichen Grundlage keinerlei zeitliche Begrenzung aufweist.

(…)

Bei der Klärung der Erwerbsfähigkeit nach § 44a SGB II geht es nicht darum, die Vergabe öffentlicher Mittel aus Steuergeldern zu verhindern, sondern allein um die Klärung der behördlichen Zuständigkeit, da die Klägerin im Falle der Erwerbsunfähigkeit Leistungen der Sozialhilfe in vergleichbarer Höhe erhalten würde.

(…)

Nach dem Wortlaut der Rechtsgrundlage (§ 66 Abs. 1 Satz 1 SGB /) muss sich die Ermessensausübung insbesondere darauf beziehen, ob die Leistung insgesamt oder nur teilweise versagt wird („…kann der Leistungsträger …ganz oder teilweise versagen…“). Ein Versagungsbescheid muss daher Ausführungen hierzu enthalten (LSG Berlin-Brandenburg 10.2.2021 – L 5 AS 1582/20 B PKH). Bei einem vollständigen Entzug des Regelbedarfs ist der Grundsatz der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu berücksichtigen (Trenk-Hinterberger, aaO, § 66 Rn. 12). Dabei ist im Rahmen der Ermessensentscheidung die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur teilweisen Verfassungswidrigkeitvon Sanktionen nach§§ 31ft SGB II (BVerfG 5.11.2019- 1 BvL 7/16- BVerfGE152,68)zu berücksichtigen(vgl.BayerischesLSG6.5.2021- L16AS652120-juris Rn. 28). Ferner ist auch zu berücksichtigen, dass Kosten der Unterkunft (§ 22 SGB //) über längere Zeit vorenthalten werden und damit das Risiko der Obdachlosigkeit droht (vgl. Mrozynski, in ders. SGB /, 6. Aufl. 2019, § 66 Rn. 17

Das Gericht hob den Versagungsbescheid demnach auf.

Urteil des SG Berlin vom 22.06.2022- S 205 AS 5122/20

Auch Mietkautionen verjähren….

Bis zu einer Änderung des SGB II war es üblich, dass Mietkautionen durch die JobCenter als Darlehen – gesichert mit einer Abtretungserklärung- gestellt worden sind , aber keine Aufrechnung während des Leistungsbezuges erfolgte. Nach einem Umzug (und die passiert häufiger als angenommen) wurde vergessen, die Mietkaution zurückzufordern (oder der Vermieter verweigerte die Rückzahlung unter fadenscheinigen Gründen).

Im vorliegenden Fall erhielt die Klägerin nach vielen, vielen Jahren des Auszuges eine Mahnung über die Rückzahlung der Kaution. Problem: meist ist die alte Wohnung verkauft, der Vermieter nicht mehr auffindbar und falls doch, wird – was sein gutes Recht ist- Verjährung eingewandt (nach dem BGB drei Jahre).

Das nunmehr am Wohnort der Klägerin zuständige Sozialgericht Detmold entschied mit Gerichtsbescheid vom 15.06.2022, dass die Rückforderung verjährt ist:

Der Geldendmachung steht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen Verhaltens , entgegen. Gemäß § 242 BGB ist der Schuldner verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Über den Wortlaut“ hinaus enthält § 242 BGB einen allgemeinen Rechtsgedanken, wonach ein Verhalten jedenfalls dann rechtsmissbräuchlich ist, wenn sich der andere Teil in Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten setzt (venire contra factum proprium) und der andere darauf vertrauen konnte, dass er ein Recht nicht mehr geltend machen werde. Der Beklagte hat den ihm unwiderruflich übertragenen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Vermieter innerhalb der maßgeblichen Verjährungsfrist nicht geltend gemacht. Der Klägerin war und ist eine Geltendmachung aufgrund der Abtretung nicht möglich

Gerichtsbescheid des SG Detmold vom 15.06.2022 – S 35 AS 520/21

Hopp oder Topp- die Ortsabwesenheit

§ 7 SGB II enthält ein Zustimmungserfordernis für die Ortsabwesenheit (dies dürfte meist ein Urlaub oä. sein), die ZUVOR eingeholt werden muss ; sonst gibt es keine Leistungen. Es muss also zuvor ein Antrag gestellt werden.

Im vorliegenden Fall war es so, dass in der Vergangenheit vereinbart gewesen war, dass dieser „Antrag“ durch eine schlichte e-mail erfolgen kann.

Nun verhielt es sich so, dass der Träger der Grundsicherung die Abmeldung nicht mehr gelten ließ und die Leistungen einstellte und zurückgezahlt haben wollte: denn wer nicht erreichbar ist, hat keinen Leistungsanspruch.

Das SG Berlin hat (unter Anwendung von § 7 SGB II alte Fassung und der bis heute geltenden Erreichbarkeitsanordnung) die Bescheide teilweise aufgehoben: der Kläger hat rechtzeitig einen Antrag gestellt und hatte demnach Recht auf eine Abwesenheit. Diese ist jedoch begrenzt auf drei Wochen.

Kurzum: im Bereich des SGB II ist es häufig notwenig, Anträge vorab zu stellen, nicht nur bei der Ortsabwesenheit, sondern auch z.B. bei Umzügen oder Anträgen auf Kaution.

Diese Ortsabwesenheit ist (bis auf die im Gesetz benannten Ausnahmen) idR begrenzt auf drei Wochen (wobei auch das Wochenende und Feiertage mitzählen). Nur in absoluten Ausnahmefällen (zB. Unfälle oder höhere Gewalt) kann hiervon abgewichen werden.

Urteil des SG Berlin vom 2. Mai 2022- S  206  AS  3931/17

„5-10 Bewerbungen“ sind zu unbestimmt

Nicht nur im SGB II sondern auch beim Arbeitslosengeld I soll eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden ( § 37 SGB III)

Sofern diese nicht durch einen Vertrag erfolgt, soll diese durch Verwaltungsakt erfolgen.

Im vorliegenden Fall verweigerte der Kläger den Abschluss einer Vereinbarung, die u.a. vorsah, dass er 5-10 Bewerbungen pro Monat absolvieren soll (was er nicht tat und nachfolgend Sperrzeiten erhielten). Verpflichtungen der Bundesagentur für Arbeit (zB. eine Regelung zu Bewerbungskosten in der Eingliederungsvereinbarung) erhielt der Verwaltungsakt nicht.

Die Eingliederungsvereinbarung erging daher als Verwaltungsakt und war damit mit Widerspruch und Klage (und dann sogar durch eine Berufung) rechtlich voll überprüfbar.

Nachdem die Bundesagentur für Arbeit vor dem Sozialgericht unterlag, hatte auch die Berufung keinen Erfolg.

Zwar kann in der Eingliederungsvereinbarung auch die Anzahl der Bewerbungen geregelt werden und diese kann auch 10 pro Monat betragen; aber im vorliegenden Fall war die Regelung im konkreten zu unbestimmt:

Die Regelung „mindestens 5 – 10 Bewerbungen, soweit passende Stellen vorhanden sind“ ist unbestimmt. Unter Beachtung des Bestimmtheitsgebots und des Verhältnismäßigkeitsprinzips ergeben sich Anforderungen an die Bestimmung von Eigenbemühungen. Hiernach muss die auferlegte Pflicht nach Art, Umfang, Zeit und Ort so konkret sein, dass die Verletzungshandlung ohne Weiteres festgestellt werden kann (SG Düsseldorf, Beschluss vom 26. August 2019 – S 18 AS 2763/19 ER, juris Rn. 19 und Hinweis in BVerfG, Urteil vom 5. November 2019 – 1 BvL 7/16, Rn. 20). Die Auslegung der auferlegten Pflichten erfolgt insoweit nach dem objektiven Empfängerhorizont (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005 – B 7a AL 18/05 R, juris Rn. 28). Nach diesem Empfängerhorizont bleibt unklar, welche konkrete Anzahl von Bewerbungen von dem Kläger erwartet wurde. Für einen objektiven Empfänger war gerade aufgrund der von der Beklagten gewählten Formulierung nicht erkennbar,welche Anzahl an Bewerbungsbemühungen ausreichend war(…)

Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.02.2022 – L 14 AL 162/18

Mal wieder: die angemessene Miete in Berlin

Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.09.2020 kristallisiert sich heraus, dass die angemessene Miete nach § 22 SGB II in Berlin sich nach dem Wohngeldgesetz richtet (siehe auch hier: Zusicherung zum Umzug – Mietobergrenzen in Berlin)

In dem vorliegenden Fall hat das Gericht insbesondere auch davon abgesehen, ein Gutachten über die Frage der angemessenen Mieten einzuholen, da derartige Werte nicht bzw. kaum im Nachhinein zu ermitteln sind.

Auch bei einer bestehender Kostensenkung Kannen aktueller Bescheid mit einem Widerspruch bzw. rückwirkend mit einem Antrag nach § 44 SGB X angegriffen werden.

Urteil des SG Berlin vom 15.02.2022 – S 136 AS 2303/18

Urteil des BSG vom 02.09.2021- B 8 SO 13/19 R

Im revisionsrechtlichen Streit stand die Frage, wie hoch die Miete für Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII – Grundsicherung im Alter- sein dürfen.

Um es verkürzt darzustellen: die Behörden (vorliegend das Land Berlin) muss ermitteln, wie hoch SGB XII-Empfänger wohnen dürfen; in Berlin erfolgt dies anhand des jeweils gültigen Mietspiegels. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG ist diese Ermittlung aber defizitär (BSG Urteile vom 03.09.2020 )

Das LSG Berlin-Brandenburg war nun davon (verkürzt gesprochen) ausgegangen, dass bei einem Ausfall der Erkenntnismöglichkeiten praktische jede Miete bei SGB XII-Empfängern zu übernehmen wäre.

Dies geht jedoch wohl zu weit: das Bundessozialgericht hat vielmehr darauf hingewiesen, dass dennoch dann das Gericht ermitteln muss, welche Mieten abstrakt angemessen sind aber auch betont, dass es auf eine Gesamtwürdigung aller Umstände ankommt, ob eine Miete angemessen ist oder nicht.

Bei den Heizkosten schließt sich – wenig überraschend- der 8. Senat der Rechtsprechung der Rechtsprechung der für das SGB II zuständigen Senate an:

Schließlich  sind ggf auch die Heizkosten  in  tatsächlicher Höhe anzuerkennen, wenn es an einer  ausreichenden  Kostensenkungsaufforderung  im  Anschluss  an den  vorangegangenen Abrechnungszeitraumfehlt (zuletzt dazu BSG vom 19.5.2021- B 14 AS 57/19R).  Auch wenn der Wortlaut  von   §  35 Abs  4 SGB XII  insoweit von   §  22  Abs  1  SGB II abweicht,  gilt  das Erfordernis einer Kostensenkungsaufforderung nach Sinn  und Zweck  des Kostensenkungsverfahrens auch für die  Heizkosten  entsprechend  .

Urteil des BSG vom 02.09.2021 – B 8 SO 13/19 R

Ermessensausübung bei der Beantragung einer Rente

Erwerbsfähige erhalten Leistungen nach dem SGB II, erwerbsunfähige Leistungen nach dem SGB XII (oder Sozialgeld).

Um festzustellen, zu welchem sozialen Sicherungssystem man zugeordnet wird, hat bei Leistungsempfänger der Gesetzgeber in § 44a SGB II ein recht komplexes System geschaffen.

In der Praxis ist zu beobachten, dass JobCenter recht schnell Leistungsempfänger auffordern, eine Erwerbsunfähigkeitsrente wegen § 44 a SGB II zu beantragen.

Häufig unterlaufen hierbei Fehler, weil in etwa die Krankheiten nicht so gravierend sind oder schlicht gar kein Anspruch auf eine Rente besteht.

Im vorliegenden Fall hat das JobCenter ohne weitere Ermittlungen meinen Mandanten aufgefordert, eine Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen.

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg.

Einmal stellt das Gericht fest, dass der Widerspruch nicht verfristet war, da kein Hinweis darauf erfolgt war, dass auch ein elektronischer Widerspruch möglich ist.

Sodann führt das Gericht aus, dass individuelle Ermessenserwägungen (konkreter Gesundheitszustand, überhaupt die Möglichkeit eine Rente zu erhalten) zu prüfen sind.

Urteil des SG Berlin vom 07.01.2022 – S 121 AS 11607/18

Die Übernahme von Mieten nach Umzügen in der Pandemie

Die Klägerin war ohne Zusicherung in eine Wohnung in Berlin gezogen, wobei sich die Miete im Gegensatz zur alte Wohnung erhöht hat.

Da keine Zusicherung zu einem Umzug vorlag, wollte das JobCenter nur die Miete der alten Wohnung weiterzahlen.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Das Sozialgericht Berlin geht in seinem Urteil vom 26.11.2021 – in aller gebotener Kürze- davon aus, dass die Sonderregelung des § 67 SGB II für alle Leistungsbezieher gilt und daher auch „unangemessene“ Mieten zu übernehmen sind. Damit schließt sich das Gericht in diesem Urteil mehreren Beschlüssen von Landessozialgerichten an, die gleichfalls dieser Meinung waren.

Das Gericht hat es zwar offen gelassen, die Klage wäre aber meiner Meinung nach auch deswegen begründet gewesen, weil in Berlin kein schlüssiges Konzept für die Unterkunftskosten existiert und daher nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes die Miete in diesem Fall auch zu übernehmen gewesen wäre (Urteil des BSG vom 17.02.2016- B 4 AS 12/15 R)

Urteil des SG Berlin vom 26.11.2021- S 37 AS 4568/21)

Zusicherung zum Umzug – Mietobergrenzen in Berlin

Aktuell werden – wegen § 67 SGB II – keine Kostensenkungsmaßnahmen gegenüber Leistungsempfängern angekündigt oder durchgeführt (bis mindestens zum 31.12.2021).

Bei Umzügen oder bereits abgesenkten Mieten wird jedoch durch die Berliner JobCenter die sog. AV Wohnen angewandt. Zu Zeiträumen in der Vergangenheit hat das Bundessozialgericht zu den dort angegebenen Mietobergrenzen („angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung“ nach § 22 SGB II bzw. § 35 SGB XII) geurteilt, dass es nicht ausreicht, diese nur anhand des Mietspiegels zu berechnen, sondern auch zu prüfen, ob für diese Mietwerte Wohnungen verfügbar sind. Diese Verfügbarkeitsprüfung wird jedoch nicht durchgeführt (vgl. Punkt IV AV Wohnen).

Die konsequente Rechtsfolge ist, dass bei bereits abgesenkten Mieten oder Neuanmietungen sich die Mietobergrenzen aus dem Wohngeldgesetz zzgl. eines Sicherheitszuschlages von 10 % + den Heizkosten ergeben. Berlin ist hierbei in Mietstufe IV eingruppiert.

Neben Leistungsempfängern, denen bereits nur eine abgesenkten Miete übernommen wird, stellt sich bei Umzugswilligen dann auch die Frage nach der angemessenen Miete.

Vor dem Umzug muss nämlich nicht nur ein Umzugsgrund vorliegen, sondern die Miete für die Wohnung muss auch angemessen sein.

Im vorliegenden Fall wollte meine schwangere Mandantin aus der aktuellen Wohnung aus verschiedenen (sinnvollen) Gründen eine neue Wohnung anmieten. Nach Ansicht des zuständigen JobCenters war diese jedoch „zu teuer“. Faktisch existieren jedoch auf dem Berliner Wohnungsmarkt keine anmietbaren Wohnungen für um die 6,50 €/qm; was auffallen würde, käme man der Verpflichtung des Bundessozialgerichtes nach, die Verfügbarkeit für solche Wohnungen zu prüfen.

Insofern hat das Sozialgericht Berlin das JobCenter zu einer Zusicherung zu einer Wohnung verpflichtet, die zwar nicht angemessen nach der AV Wohnen ist, aber die Angemessenheitskriterien nach dem WoGG entspricht; auf die Frage, ob wegen § 67 SGB II ohnehin sozusagen jede Wohnung anmietbar ist (so zB.: LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 11.3.2021, L 9 AS 233/21 ER und Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 28. Juli 2021 – L 16 AS 311/21 B ER ) kam es nicht mehr an.

Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 04.11.2021 S 114 AS 6315/21 ER

Kostenerstattung für selbstbeschaffte (psychotherapeutische) Leistungen der Krankenkasse

Wenn in der gesetzlich Krankenversicherung Versicherte keinen freien Behandlungsplatz in bei einem Psychotherapeuten finden, besteht die Möglichkeit, (wenn ein sog. „Systemversages“ gegeben ist), dass die Krankenkassen verpflichtet sind, die tatsächlichen entstandenen Kosten in der Höhe für die selbst beschaffte notwendige (meist psychotherapeutische) Leistung zu erstatten.

Diese Kosten sind meist höher, da die Abrechnung hier nach der Gebührenordnung (GAÖ) erfolgt.

Krankenkassen kürzen solche Rechnungen jedoch häufig und wollen die tatsächlichen Kosten nicht übernehmen – sie übernehmen nur einen Teil der psychotherapeutischen Rechnung, der Versicherte müsste dann den Rest bezahlen.

Das Sozialgericht Berlin (Urteil vom 28. Mai 2021 – S 81 KR 953/18) hat nun geurteilt, dass dies rechtswidrig ist: die Kosten nach der GOÄ sind vollständig zu übernehmen.

Dies bedeutet, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Vergütungssätze erstatten müssen.

Eine Beschränkung auf den 1,0-fachen GOÄ-Satz ( §11 Abs. 1 GOÄ) scheidet aus.

Volltext: Sozialgericht Berlin Urteil vom 28. Mai 2021 – S 81 KR 953/18